Dienstag, 17. August 2010

2. Argument: Die Menschen kommen zuerst

Behauptung: 

Solange es auf der Welt so viel menschliches Leid gibt, ist es geradezu unverantwortlich, unsere Energie mit Fragen in bezug auf die richtige Behandlung von Tieren zu vergeuden. Zunächst müssen einmal die viel wichtigeren menschlichen Probleme gelost werden. Danach können wir uns darm auch mit Fragen hinsichtlich des richtigen Umgangs mit Tieren befassen.

Gegenargument: 

A)  Wer sich nicht der Mühe unterzieht, die wirkliche Situation der Tiere, d. h. die diesbezüglich relevanten Fakten kennenzulernen, der kann überhaupt nicht beurteilen, ob es sich hier um weniger wichtige Probleme als bei Menschen handelt. (Peter Singer)

B) Wenn man sich diejenigen Menschen näher ansieht, die auf der grösseren Wichtigkeit der menschlichen Probleme beharren, so stellt man fest, dass diese Argumentation offenkundig nur als Ausrede und Entschuldigung dafür herhalten muss, weder für Menschen noch für Tiere etwas zu tun. (Peter Singer)

C) Im gesamten Bereich gemeinnütziger Tätigkeiten ist die Aufgabenteilung sinnvoll und selbstverständlich. So wird etwa niemand einer Museumsgesellschaft den Vorwurf machen, sich nur um alte Kunst und nicht auch um alte Menschen zu kümmern. (Gotthard M. Teutsch) Deshalb ist es nicht nur legitim, sondern sogar absolut notwendig, dass es Menschen gibt, die sich besonders um die Probleme in bezug auf Tiere kümmern und hier Informations- und Aufklärungsarbeit leisten.

D)  Eine absolute Prioritätensetzung, wonach nachgeordnete Werte erst nach der vollen Verwirklichung der übergeordneten Werte angestrebt werden dürfen, ist unsinnig, unmenschlich und unmoralisch. Entsprechend einer solchen absoluten Prioritätensetzung wäre es nicht nur unmoralisch, irgend etwas
für Tiere zu tun, solange es noch irgendwo einen leidenden Menschen gibt; folgerichtig dürfte sich auch der Arzt nur noch um Schwerkranke, der Lehrer nur noch um Sorgenkinder und die Justiz nur noch um Kapitalverbrechen kümmern. Auch dürften wir Fremden erst helfen, nachdem in Familie, Nachbarschaft und Bekanntenkreis alle Bedürfnisse voll befriedigt sind. (Gotthard M. Teutsch) «Zweitwichtigstes so lange zu unterlassen, bis alles Wichtigere sich erledigt hat, wäre das Ende aller Kultur» (Robert Spaemann).

E) Es geht nicht nur um abstrakte Prioritäten, sondern auch darum, wo wir Unrecht und Leiden konkret begegnen. So wäre es zum Beispiel wohl ein eigenartiges Verhalten, wenn wir zu einem Unfall kämen und dem Verletzten die Hilfe mit der Begründung versagten: «Anderswo gibt es noch wichtigeres zu tun.» (Beispiel nach Mary Midgley) Mit Problemen in bezug auf Tiere werden wir aber jeden Tag konkret konfrontiert: Jedesmal wenn wir Fleisch essen, unterstützen wir damit den sinnlosen und grausamen, taglichen Massenmord an unschuldigen Tieren.

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